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Alltours "Den Leuten wurde Angst gemacht"

Beim Reiseunternehmen Alltours sind drei Mitarbeiter mit dem Versuch gescheitert, einen Betriebsrat zu gründen. Ihre Kollegen waren einstimmig dagegen. Nun erhebt die Initiatorin der Wahl schwere Vorwürfe gegen die Geschäftsleitung.
Von Lukas Bay

Duisburg - "Das deutliche Ergebnis zeigt, dass die Mitarbeiter zu mir Vertrauen haben und dass wir bei Alltours eine Einheit sind", ließ Alltours-Chef Willi Verhuven direkt nach der Abstimmung verkünden: "Uns verbindet, dass wir mit Freude und Spaß arbeiten und alle gut leben wollen." Zuvor hatten die Angestellten auf einer Betriebsversammlung einstimmig gegen die Gründung eines Betriebsrates gestimmt.

"Die Betriebsversammlung war eine Show", wettert dagegen Christiane Sabolcec. Seit einigen Monaten hatte sie sich innerhalb des Unternehmens für einen Betriebsrat stark gemacht.

"Den Leuten wurde hier schon im Vorfeld Angst gemacht", so Sabolcec. So soll das Gerücht verbreitet worden sein, Urlaubs- und Weihnachtgeldsgeld würden gestrichen, wenn der Betriebsrat eingesetzt wird.

Auch sie persönlich sei in den letzten Wochen massiv unter Druck gesetzt worden. Schon kurz nachdem sie ihre ersten Pläne für einen Betriebsrat vorgelegt hätte, sei ihr von Vorgesetzten klargemacht worden, dass sie so wohl nicht mehr lange im Unternehmen bleiben könne. Ihre Ankündigungen am Schwarzen Brett seien einfach wieder abgerissen worden.

Dabei werde bei Alltours bei weitem nicht nur mit "Freude und Spaß" gearbeitet, wie Firmenchef Verhuven denkt. Viele ihrer Kollegen hätten mehr als 400 Überstunden angesammelt. Andere seien untertariflich bezahlt. Darum hätten sich ihr gegenüber durchaus viele Kollegen für einen Betriebsrat ausgesprochen.

Doch als ein konkreter Termin für die Betriebsversammlung feststand, habe man den Druck auf sie weiter erhöht. Eine Kollegin schrieb ihr in einer E-Mail: "Ich erwarte, künftig aus eurem Verteiler genommen zu werden, sonst kotze ich Dir auf den Tisch". Weitere E-Mails dieser Art folgten. Die Geschäftsleitung zitierte sie mehrmals zu sich. Im Vorstandsbüro sollte sie unterschreiben, dass sie ihre "Behauptungen" nicht aufrechterhalten werde. Sabolcec weigerte sich. Vor Stress litt sie an Schlafstörungen, bekam einen Tinnitus und wurde schließlich von einem Arzt krank geschrieben.

Konnte Verhuven bei der Wahl zusehen?

Trotzdem ging sie am vergangenen Dienstag zur Betriebsversammlung. Diese sei laut Sabolcec von Anfang an nicht fair abgehalten worden. Zwei Gewerkschaftsvertreter von Ver.di hätten nicht an der Betriebsversammlung teilnehmen können, weil der Sicherheitsdienst ihnen den Zutritt verwehrte. Weil so keine ordentliche Sitzung möglich gewesen wäre, habe man die Sitzung eröffnet und gleich wieder geschlossen.

Gemeinsam mit ihren zwei Mitstreitern habe sie dann das Gebäude verlassen. Danach sei alles abgelaufen, "als habe es die Geschäftsleitung schon im Voraus geplant". Man habe eine Sitzungsführerin gewählt und über einen Wahlausschuss abgestimmt - per Handzeichen. Als Kandidaten wurden die abwesenden Initiatoren aufgestellt, obwohl diese nie persönlich eine Kandidatur angekündigt hatten. Mitarbeiter berichteten, dass Alltours-Chef Verhuven zusehen konnte, wer für einen Betriebsrat stimmt. Keiner der Kandidaten erhielt eine Stimme.

Das Unternehmen bestreitet die Vorwürfe: "Den Ver.di-Mitgliedern wurde das Angebot gemacht, an der Veranstaltung teilzunehmen", erklärt Alltours-Sprecher Carsten Deuster. Alltours sei daran interessiert gewesen, dass möglichst viele Mitarbeiter an der Betriebsversammlung teilnehmen und gemäß ihrer persönlichen Meinung abstimmen. Auch im Vorfeld habe man keinen Druck auf Frau Sabolcec ausgeübt. Firmenchef Willi Verhuven konnte aus Krankheitsgründen nicht persönlich Stellung nehmen.

Die Gewerkschaft Verdi und Christiane Sabolcec wollen nun einen Betriebsrat über ein Arbeitsgericht einklagen, nach dem Vorbild einer Klage gegen das Softwareunternehmen SAP vor einigen Monaten. Die Geschäftsleitung von Alltours sieht einem solchen Verfahren gelassen entgegen: "Wir können uns nicht vorstellen, dass eine Gewerkschaft – die eigentlich dazu da ist, Mitarbeiterinteressen zu vertreten – den klaren Willen der Belegschaft ignoriert", hatte Verhuven in einer ersten Stellungnahme gesagt.

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