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[ 25. Jul 2010 ]

Grundversorgungskontrolle - eine rassistische Maßnahme

Rassistische Kontrollen stoppen!

Der Kontrollwahn gegen Flüchtlinge wurde um eine Ebene erweitert: Extra gegründete Sondereinheiten der Polizei kontrollieren, dass sie nicht "in Luxus leben". Und die Medien hetzen.

 

Erneut wird unter dem Vorwand, "Asylbetrug" bzw. "Missbrauch" zu bekämpfen, eine rassistisch bis faschistoide Überwachungsmaßnahme gegen Flüchtlinge in Grundversorgung eingeführt. Damit sollen laut einem rassistischem Hetzblatt "Kosten für die SteuerzahlerInnen" eingespart werden.

Seit 1. Juli 2010 gibt es zur Umsetzung dieser Maßnahmen eine eigene Polizei-Sondereinheit, die die in Grundversorgung lebenden Flüchtlinge überprüfen, um festzustellen, ob sie auch wirklich "hilfsbedürftig" sind. Das genannte Hetzblatt schreibt dazu in einem Artikel: "Sie bezahlen nichts für Quartier und Essen, die medizinische Versorgung ist ebenfalls kostenlos, und obendrein gibt es noch ein monatliches Taschengeld." Hört sich doch nicht schlecht an.

Doch die Realität sieht anders aus: Vom Leben in den Asylheimen profitieren oft die BetreiberInnen dieser Einrichtungen, die oft darauf schauen, dass sie möglichst wenig Geld für die Unterbringung ausgeben, das zur Verfügung gestellte Essen wird immer wieder kritisiert und die Menschen haben nicht das Recht, sich selbst nach ihren Bedürfnissen zu ernähren. Eine medizinische Grundversorgung ist zwar gegeben, doch wird diese nur sehr eingeschränkt gewährt. Und das angesprochene Taschengeld, ganze 40 Euro im Monat, reicht bei weitem nicht dafür aus, sich Fahrscheine zu kaufen, eventuell ein Packerl Zigaretten oder gar mal irgendwo in einem Lokal etwas zu trinken - falls den Flüchtlingen der Zugang überhaupt gewährt wird, da bekannt ist, dass viele Lokale eine :: rassistische Türpolitik betreiben. Und in vielen Unterkünften für Flüchtlinge in Grundversorgung gibt es strikte Hausordnungen, bei denen Erwachsene oft wie Kinder behandelt werden und, um ein Beispiel zu nennen, oft schon am frühen Abend zu Hause sein müssen, weil sie sonst nicht mehr reingelassen werden. Wer mehrere Tage (unentschuldigt) fernbleibt, fällt aus der Grundversorgung und verliert somit jegliche staatliche Unterstützung. Auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Menschen wird sowieso nicht eingegangen, sie werden entweder als hilflose Opfer oder eben als TäterInnen dargestellt. Und der Übergang zwischen diesen beiden Möglichkeiten ist fließend. Alles in allem kann gesagt werden, dass wohl kaum eineR gerne und freiwillig in den beengenden Räumen und unter restriktiven Vorschriften in einem der Asylheimen lebt.

Jene Menschen, die es schaffen, sich eine eigene Wohnung oder ein privates Zimmer zu organisieren, erhalten insgesamt 290 Euro Unterstützung (180 Euro für Verpflegung und 110 Euro Mietzuschuss). Davon müssen Miete, Lebensmittel, Bekleidung und alle sonstigen Bedürfnisse gedeckt werden. Wer in Österreich lebt, weiß, dass mit diesem Betrag kaum ein Auskommen zu finden ist. Dazu kommt, dass AsylwerberInnen fast vollständig von Erwerbsarbeit ausgeschlossen sind und nur wenige eine Möglichkeit erhalten, sich mit einem meist sehr schlecht bezahlten Jobs etwas dazu zu verdienen (siehe dazu auch :: Eine Liste (zu) häufig genannter Vorurteile gegen MigrantInnen und deren Widerlegung).

Anstatt zu versuchen, die Lebensbedingungen von AsylwerberInnen zu verbessern, wird ihre Lebenssituation von den RassistInnen gegen die Flüchtlinge gerichtet und vollkommen verkehrt dargestellt. Bei nur einer Überprüfung der Ermittlungstruppe, so wird geschrieben, sei ein Erfolg gewesen und hätte den SteuerzahlerInnen "48.000 Euro ersparen" können. Die "AsylschwindlerInnen" werden beschuldigt, Autos zu besitzen, auf Urlaub zu fliegen, Diebesgut zu horten oder einer irregulären Beschäftigung nachzugehen.

Der Einsatz von rassistischen Polizeieinheiten zur Kontrolle von Flüchtlingen ist nicht nur per se abzulehnen, sondern derartige Einsätze kosten in Wirklichkeit unnötiges Geld, dass sinnvoller eingesetzt werden könnte, indem die Lebensbedingungen von Asylsuchenden verbessert werden. Doch anstatt die zu machen, will die InnenministerIn Fekter (ÖVP) der Fremdenpolizei zusätzlich Personal zuteilen, um den Kontrollwahn Überprüfungen intensivieren zu können. Damit will sie "den[die] Steuerzahler[In] vor Asylmissbrauch schützen." Tatsächlich geht es wohl darum, die Lebenssituation von Flüchtlingen weiter zu verschlechtern und so dafür zu sorgen, dass diese möglichst von selbst wieder das Land verlassen. Denn das Angebot der "freiwilligen Rückkehr" besteht vom ersten Tag der Ankunft in Österreich und viele Menschen werden vor die Wahl gestellt: Entweder sie gehen "freiwillig" oder sie werden abgeschoben. Und da die SchreibtischtäterInnen immer mehr Menschen abschieben wollen, wird wie bereits vor ein paar Wochen angekündigt, auch das Abschiebungen begleitende Personal aufgestockt.

Gleichzeitig wurden "wegen der rückläufigen Flüchtlingszahlen" in den vergangenen Monaten mehrere Asylheime geschlossen. In einem Zeitungsbericht dazu heißt es: "für das Jahr 2011 werden fünf bis zehn Prozent weniger Flüchtlinge in der Grundversorgung erwartet". Ob es hier einen Zusammenhang mit dem Rausschmiss aus der Grundversorgung gibt?


Kritik an Fekters Grundversorgungskontrolle

Aussendung der asylkoordination österreich vom 23. Juli 2010

"Bei den Kontrollen in den Grundversorgungsquartieren muss sichergestellt werden, dass AsylwerberInnen nicht überfallsartig kontrolliert werden", mahnt die asylkoordination österreich. Schließlich sind viele AsylwerberInnen traumatisiert, das Auftauchen von Einsatztrupps, noch dazu während der Nachtstunden, kann zu Retraumatisierungen führen. Laut Berichten wird auf das besondere Schutzbedürfnis nicht immer ausreichend Bedacht genommen. Bei den Kontrollen gibt es beispielsweise keine DolmetscherInnen, die den Betroffenen den Grund der Durchsuchung verständlich machen und so beitragen könnten, Panik und Angst zu vermeiden. Auch BetreuerInnen werden über die Kontrollen nicht informiert, Betroffene sehen sich ohne Anwesenheit einer Vertrauensperson mit einer Truppe von teilweise auch uniformierten Polizisten konfrontiert. So glaubten etliche kontrollierte AsylwerberInnen, dass sie jetzt abgeholt und abgeschoben werden und waren völlig geschockt von den unangekündigtem Auftauchen der Polizei. Daneben hat die asylkoordination aber auch Bedenken, ob das Recht auf Schutz des Privatlebens durch die Kontrollen dabei beachtet wird.

Die asylkoordination stellt sich auch die Frage, warum das Innenministerium die Fremdenpolizei und Sicherheitsdirektion zu Kontrollen in den Bundesländern ausrückt, wo doch die Länder selbst auch die Einhaltung der Grundversorgungsgesetze, insbesondere das Bestehen von Leistungsansprüchen kontrollieren. Für Fragen der Hilfsbedürftigkeit dürften die für Grundversorgung zuständigen Sozialreferaten der Länder wohl mehr Kompetenz mitbringen als Fremdenpolizisten. Wichtiger wäre nach Ansicht der asylkoordination den Zugang zum Arbeitsmarkt für AsylwerberInnen zu ermöglichen, sodass sie selbst in der Lage wären, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen nicht jahrelang von Sozialleistungen abhängig bleiben. Darin liegt vermutlich ein größeres Einsparungspotential. Selbst wenn bei einer Kontrolle ein "Wertgegenstand" wie ein Computer oder ein Flachbildschirm gefunden wird, heißt das noch lange nicht, dass die AsylwerberInnen nicht hilfsbedüftig sind. Nötiger als die Überprüfungen wäre jedenfalls auch eine Anpassung der Grundversorgungsleistungen. Diese wurden seit 2004 nicht valorisiert. So erhält ein Asylwerber seit 2004 nur 180 Euro im Monat für den Lebensunterhalt. Eine diesbezügliche Einigung der Bundesländer auf Anhebung der Leistungen, auch der Tagsätze für Unterkunftgeben, wird aber vom Innenministerium blockiert.

Es ist wieder einmal bezeichnet für die fehlende Kompetenz des Innenministerium bei Asyl und Menschenrechte, dass es auch beim Thema soziale Versorgung eine Missbrauchsdebatte lostritt, anstatt Verbesserungen in der Sozialbetreuung und -versorgung voranzutreiben. Eine Anhebung der Sozialleistungen für AsylwerberInnen wurde vom UN Komitee für ökonomische und soziale Rechte im November 2005 gefordert, passiert ist bisher nichts.