Waffen als Exportfaktor

Deutschland ist und bleibt auch weiterhin einer der größten Waffenexporteure

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Dass Deutschland eines der führenden Länder im Waffenexport ist, bestätigt der vom Bundeswirtschaftsministerium nun vorgelegte Rüstungsexportbericht 2009. Doch seit Deutschland sich mit seiner Armee an mehr oder weniger völkerrechtswidrigen Kriegen beteiligt, regt sich über den Export von Waffen und Rüstung kaum noch jemand auf. Dabei gäbe es nach wie vor allen Grund, diesen Teil der deutschen Außenwirtschaftspolitik zu kritisieren. Material dafür liefert vor allem die alljährlich erstelle Analyse der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), einer Einrichtung der Katholischen und Evangelischen Kirche Deutschlands.

Zwar sank in 2009 der Wert der Einzelausfuhrgenehmigungen für Rüstung von ca. 5,788 Mrd. im Jahr 2008 auf ca. 5,043 Mrd. Euro, der Anteil der Entwicklungsländer in der Kundschaft stieg aber von 5 auf 8,2 Prozent im Berichtszeitraum 2009. Bedeutendste Empfängerländer waren im Jahr 2009 Ägypten (77,5 Mio. €), Kolumbien (69 Mio. €) und Pakistan (61,6 Mio. €); eine Aufschlüsselung der genehmigten Warenkategorien ist in Anlage 7 zu finden.

Genehmigt wurden außerdem nach Saudi-Arabien Bodenüberwachungsradar und Teile für Feuerleiteinrichtungen, Bodenüberwachungsradar, Ausrüstung für Gegenmaßnahmen Betankungsanlage, Fallschirme und Teile für Kampfflugzeuge, Tankflugzeuge, Flugzeuge, Bordausrüstung, Teile für Raketen, Flugkörper, Seeminenräumgeräte im Gesamtwert von 167 Mio. Euro. Nach Ägypten wurden für 77,5 Mio. Euro Kommunikationsausrüstung sowie Teile für Kommunikationsausrüstung, Breitbandpeiler, Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Landfahrzeuge geliefert. Nach Chile konnten für rund 72 Mio. Euros Kampfpanzer, gepanzerte Fahrzeuge, LKW und Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge sowie Landfahrzeuge exportiert werden.

Wichtiger Anlagen- und Teilelieferant

Der Teileexport ist für die deutsche Rüstungsindustrie besonders wichtig. Denn – und darauf weist auch die "Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung" in ihrem, kurz vor dem Regierungsbericht vorgelegten eigenen Rüstungsexportbericht 2010 hin:

Neben der Lieferung von kompletten Waffensystemen liegt die Stärke der deutschen Rüstungsfertigung in der Zulieferung von Komponenten an Hersteller in anderen Ländern, die dann ihrerseits die Waffen exportieren (besonders EU-Mitgliedstaaten). Außerdem beteiligen sich deutsche Hersteller an der Modernisierung und Steigerung des Kampfwertes bereits vorhandener Waffenarsenale.

Besonders aktiv im Bereich der Rüstungskooperation und der Vergabe von Exportlizenzen sind die Flugzeug- Panzer und Kleinwaffen-Produzenten. Immer wieder skandalträchtig sind dabei die Exporte der Oberndorfer Firme Heckler & Koch. Während sich die deutsche Rüstungsindustrie überwiegend gesetzestreu verhält und deshalb illegaler Waffenhandel bezogen auf deutsche Firmen kaum ins Gewicht fällt, gibt es in Oberndorf immer wieder Ermittlungsarbeit für den Staatsanwalt. Über einen solchen Fall berichtete unlängst Report Mainz.

Ausfuhrgenehmigungen für kleine und leichte Waffen

Die deutschen Ausfuhrgenehmigungen für kleine und leichte Waffen bewegten sich im Jahr 2009 auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr. So wurde im Jahr 2009, den Angaben der Kirchenkonferenz zufolge, die Ausfuhr von 34.401 Kleinwaffen genehmigt. Davon gingen 8.363 an Staaten, die nicht der NATO oder EU angehören bzw. diesen gleichgestellt sind. Wichtigste Abnehmer waren Saudi-Arabien (2.500 Sturmgewehre), Indien (307 Maschinenpistolen, 425 Sturmgewehre),Ägypten (884 Sturmgewehre), Chile (348 Maschinenpistolen), Serbien (335 Maschinenpistolen, 300 Sturmgewehre), Indonesien (318 Maschinenpistolen) und Kuwait (300 Maschinenpistolen).Gleichzeitig wurde der Export von 9.174 leichten Waffen gebilligt. Davon gingen 4.177 an sogenannte "Drittstaaten". Die größten Abnehmer waren Südkorea (1.940 rückstoßfreie Waffen), Singapur (1.500 rückstoßfreie Waffen), Kuwait (335 rückstoßfreie Waffen) und Jordanien (300 Granatwerfer).

Eine besondere Bedeutung kommt nach Auffassung der Kirchen den Sammelausfuhrgenehmigungen zu. Auch wenn deren Zahl im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent zurückging, sehen die Kirchen darin weiterhin ein Problem:

Da Sammelausfuhrgenehmigungen eine mehrjährige Geltungsdauer haben, ist davon auszugehen, dass im Jahr 2009 noch bereits in den Vorjahren erteilte Genehmigungen ausgeschöpft wurden. Es ist anzunehmen, dass sich die Sammelausfuhrgenehmigungen nicht auf NATO- und EU-Staaten bzw. diesen gleichgestellte Länder beschränken. Zwischen 2005 und 2008 waren solche Genehmigungen auch für Rüstungskooperationen mit Bermuda, Chile, Indien, Israel, Kolumbien, Malaysia, Mexiko, Oman, Pakistan, Peru, Saudi-Arabien, Singapur, Südafrika und Tunesien ergangen.

Grüne und Linke protestieren

Im Bundestag kritisieren Grüne und Linke die Geschäfte mit den Mordswerkzeugen. Auch wenn die Regierung behauptet, die Exporte seien um 15% zurückgegangen seien, so erklärte Inge Höger für die Linkspartei, bestehe "keinerlei Grund zur Annahme, dass sich Deutschland nun um eine ernsthafte Beschränkung der Rüstungsexporte kümmern würde. Deutschland ist nach wie vor Europameister beim Export von Kriegsgerät und liegt weltweit auf Platz drei hinter den USA und Russland." Auffällig sei, so Höger, dass im letzten Jahr der Anteil der Entwicklungsländer als Empfänger von Rüstungsexporten gestiegen ist. Die Linke. spricht sich gegen die "menschenverachtende Genehmigungspraxis" aus und fordert einen "sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte und ebenso einen Stopp des Transfers von Rüstungstechnologie."

Die Grüne Abgeordnete Katja Keul kritisierte das späte Erscheinen des Berichts für 2009 – nämlich erst im Dezember 2010 – und forderte mehr Transparenz .So fehlten im Bericht der Bundesregierung "Angaben zu gewährten Ausfallbürgschaften für Waffenausfuhren". Laut GKKE, so Keul, "beliefen sie sich 2009 auf 1,9 Milliarden Euro. Dabei ist nicht allein die Höhe dieser Bürgschaften, sondern die schiere Tatsache skandalös, dass Waffengeschäfte durch staatliche Absicherung gefördert werden."

Dass die Bundesregierung überhaupt einen jährlichen Bericht zum Rüstungsexport (Rüstungsstandort Deutschland) vorlegt, geht zurück auf die Kampagne "Stoppt den Rüstungsexport!" des Bundeskongress entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) und der kirchlichen Gruppen und ihrer Kampagne Produzieren für das Leben - Rüstungsexporte stoppen.

Nach ihrem Einzug in den Bundestag hatten die Grünen diese Kampagne mit hunderten Anfragen im Bundestag unterstützt. Im Bundeswirtschaftsministerium waren zeitweise bis zu zehn Beamte nur damit beschäftigt, die Parlamentsanfragen zum Rüstungsexport zu beantworten. Schließlich gab die damalige Regierung Kohl nach und erklärte sich bereit, der Forderung nach mehr Transparenz im Rüstungsexport zu entsprechen. Damals betonte die Bundesregierung auf Anfragen: "Angaben zur Rüstungsexporten vertragen aus politischen Gründen – wie auch die Praxis anderer Länder zeigt – nur ein begrenztes Maß an Publizität." Wie wahr... doch seit SPD und Grünen sich als Regierungspartei sogar an völkerrechtlich fraglichen Kriegen beteiligten, hat die bloße Weitergabe von Kriegsinstrumenten an andere Staaten an Brisanz verloren. Schade eigentlich.