Köln: Ab 6.30 Campistas wieder frei

redaktion webjournal, extern 10.08.2003 11:41 Themen: Antirassismus Repression
Ab 6.30 Uhr heute morgen wurden die in Gewahrsam genommenen Campistas von der Polizei freigelassen. Wahrscheinlich sind alle wieder frei, doch z.Z. fehlen genauere Angaben.
Um 12 Uhr läuft der vorzeitig gekündigte Vertrag für das Camp-Gelände aus und bis dahin muß alles vom Platz sein.
Im Webjournal vom Grenzcamp findet ihr unter der Rubrik "Repression gegen das Grenzcamp und Kriminalisierung" alle Berichte über die Repression gegen das Grenzcamp in Köln am Samstag (9.8.), sowie Presseerklärugen vom Camp, Soli-Demoberichte etc.:  http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/camp03/index2.html





Presseerklärung von der Pressegruppe des Camps:


20. Antirassismus weggeräumt

?Polizei-Stadt Köln? ? Massenverhaftung und Überfall auf Grenzcamp

Das 6. Antirassistische Grenzcamp wurde am letzten von insgesamt 10 Tagen durch ein massives Polizeiaufgebot brutal geräumt. Bereits gegen Mittag des heutigen Tages marschierte ein Aufgebot von rund hundert Polizisten in Kampfmontur am Eingang des Grenzcamps an den Poller Wiesen auf.
Die GrenzcamperInnen stellten sich ihnen entgegen und versperrten den Zutritt zum Camp. Polizeibeamte zeigten immer wieder auf einzelne Camper, die dann aus der Menge heraus gegriffen wurden. Unter dem Vorwand vermeintliche Straftäter verhaften zu wollen, eskalierte die Polizei die Situation am und um das Grenzcamp an den Poller Wiesen.

Das Verlassen und der Zugang zum Camp wurde unmöglich. Dies hat nichts mit dem ?Schutz? der 40 Neonazis zu tun, die sich um die Mittagszeit in Poll versammelten. Diese Freiheitsberaubung ist Ausdruck des repressiven polizeistaatlichen Vorgehens der Kölner ?Ordnungshüter?. Dabei wurde unter anderem auch Tränengas eingesetzt, was bei knapp 40 Grad Celsius zu schweren Verbrennungen der Haut führt. Zusätzlich stellte die Polizei den 200 ? 300 im Camp Anwesenden das Wasser ab, so dass auch die Verletzten nicht behandelt werden konnten. Nachdem Telefon- und Internetleitungen des Camps gekappt waren, wurden alle Anwesenden als verhaftet erklärt.
Die am Camp beteiligten Flüchtlinge sind durch die Räumung massiv gefährdet und von Abschiebung bedroht. Im Kessel haben die anderen Eingeschlossenen sich um die Flüchtlinge herum gestellt, um diese zu schützen. Parallel wurden Verhandlung für ihren freien Abzug geführt, u.a. durch Rechtsanwälte und die stellvertretende NRW-Landtagsvorsitzende (Bündnis 90/Grüne) Edith Müller. Von Seiten der Polizei gab es jedoch keinerlei Einlenkung.
Das Eindringen der Polizei auf das Campgelände ist ein eindeutiger Bruch der bisherigen Absprachen.
Das 6. Antirassistischen Grenzcamp, welches sich gegen staatlichen und alltäglichen Rassismus richtet, soll in der Öffentlichkeit als kriminell dargestellt werden. Angesichts von Abschiebungen in Folter und Tod sind Müll im Ibis-Hoteleingang sowie Störung der Flugabfertigungen wegen Beteiligung am Abschiebegeschäft Ausdruck von Zivilcourage und sollten nicht zu kriminellen Aktivitäten hochstilisiert werden. Die Aktionen des Grenzcamps sind in erster Linie symbolischer Natur und sollen irritieren und provozieren. Durch das ?Einkesseln? von Demonstrationen auf Kölner Straßen verursachte die Polizei immer wieder erhebliche Behinderungen ? nicht die DemonstrantInnen. Eine weitere Antwort der Polizei auf Zivilcourage ist das strategische Erfassen von politisch Aktiven durch ständige Beschattung und dem massiven Fotografieren und Filmen vieler CamperInnen.




Schon am gestrigen Freitag kam es zu einer bewussten Provokation: Ein Motorrad-Polizist fuhr durch das Grenzcamp-Gelände, ein Akt wider alle Absprachen. Er wurde von AktivistInnen aufgehalten und zur Umkehr gezwungen, dabei sei angeblich eine Kamera entwendet worden. Auch diesen Vorfall inklusive der Behauptung, dass hier ein schwerer Raub begangen worden sei, sehen wir als Vorwand um ihren Einsatz rechtfertigen zu können.
Absurd: heute wurde ein junger Journalist festgenommen mit der Behauptung, er habe die Kamera gestohlen. Nachweislich filmt der junge Kollege jedoch schon seit einer Woche mit der Kamera eines Freundes.
Während des Angriffs auf das Camp hielt die Polizei eine Pressekonferenz ab. Nachdem einige JournalistInnen nach dem Verbleib des Kollegen fragten, wurde ihnen das von der Polizei vorbereitete Filmmaterial vorenthalten. Die meisten JournalistInnen mussten den Raum verlassen, bevor allein einige wenige ausgewählte lokale MedienvertreterInnen das Material zu Gesicht bekamen.
Den Polizeieinsatz verstehen wir als Angriff auf die antirassistische Bewegung in der BRD und deren internationale Vernetzung. Durch diesen Überfall zeigt die Stadt Köln wieder, dass sie mit ihren angeblichen Bemühungen bezüglich einer ?ausländerfreundlichen? und multikulturellen Stadt nicht ernst zu nehmen ist. Menschen, die selber aktiv werden um Institutionen und Orte von Verwertungspolitik und rassistischer Praxis herausstellen, werden mit polizeilichen Maßnahmen angegangen. Durch die erfahrene maßlose Machtdemonstration sollen die AktivistInnen eingeschüchtert und die Organisierungsprozesse behindert werden.

Noch während der Räumung des Camps fanden in Kiel, Dresden, Leipzig, Hamburg, Göttingen, Freiburg, Köln, Bielefeld, Frankfurt a.M. und im Wendland spontane Protestdemonstrationen statt. In Bremen wurde während einer Live-Übertragung der Kammerphilharmonie die Bühne geentert und eine Solidaritätserklärung gegen die massiven Polizeiübergriffe verlesen. Weitere Solidaritätsaktionen sind für den nächsten Tag angekündigt.
Zum aktuellen nächtlichen Zeitpunkt (3:03) sind über 200 Festnahmen bekannt. Immer noch werden CampteilnehmerInnen auf dem Gelände festgehalten sowie in der Stadt gejagt.
Informationen zum Selbstverständnis und Verlauf des Grenzcamps: www.nadir.org/camp03
Fotos : www.version-foto.de (Aktuelles)
Videos: www.kanalb.de

Wenn Sie weitere Fragen haben, rufen Sie uns an.
Mit antirassistischen Grüßen
Mechthild Meier und Katrin Lohe, Pressegruppe Camp
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Ergänzungen

Nazis lachen sich ins Fäustchen

cbv 10.08.2003 - 13:53
80 Nazis, kaum regional bekannte Gesichter, jede Menge alkoholisierte Glatzen, schaffen es durch eine lächerliche Gegendemo ein jährlich stattfindenes Grenzcamp mit ihrem Aufmarsch zu beenden, mehr als 200 Leute werden festgenommen, von unzähligen mehr die Personalien kontrolliert und die berüchtigte Kölner Polizei bekommt auch noch ihren Spaß. Vielleicht sollte man endlich mal von den traditionellen Aktionsformen, die teilweise schon seit Jahrzehnten praktiziert werden, ablassen und einen Blick ins "Ausland" werfen...

Nicht nur der Verfassungsschutz

EIN POLLER 10.08.2003 - 14:27
Nein nicht nur der Verfassungsschutz liest auf euren Seiten!

Ich lebe seit 14 J. in Poll und - entgegen dem was einige Poster hier vermuteten - KEIN Polizist, sondern ein ganz normaler Bürger!
Ich bin kein direkter Anwohner eines Flüchtlingsheims, bekomme aber trotzdem zu spüren was hier in Poll abgeht!
So waren wir gestern hier regelrecht isoliert, konnten kaum aus unserer Siedlung hinaus geschweige denn hinein.

Ihr schreibt von Aktionen, von Spontandemos usw.

Ihr sprecht euch frei von jeder Verantwortung für die Folgen eures handelns - da beschränkt ihr euch auf den Tenor "Das sind die Bullen und die Verantwortlichen der Stadt Köln schuld"!

Das sehe ich wirklich etwas anders!

Stets sind eure Aktionen begleitet von persönlicher Provokation und gewalttätigen Übergriffen.
Es mag sein das sich nur Einzelne eurer Gruppe so verhalten, aber sie reichen aus um Gegengewalt zu erzeugen, die dann auch friedliche Demonstranten trifft.
Nur eine logische Schlussfolgerung, denn wie soll ein Polizist unterscheiden wen er da vor sich hat, wie soll er inmitten eines solchen Pulks sehen wer den Stein nun geworfen hat u.ä.?

Auch div. Kommentare hier sprühen nur so vor Hasstiraden gegen die "Bullen" usw.
Ist das eine konstruktive Basis?
Sicher nicht!

In einem andern Thread habe ich es schonmal geschrieben, wir Poller (damit meine ich die ganz normalen Familien die hier mit ihren Kids leben und keine rechts angehauchten Mitbürger) wollen weder die einen noch die andern Krawallmacher.
Wir wollen keinen rechtsradikalen Mopp, aber genausowenig linksgerichtete Krawallmacher.

Ihr lehnt euch gegen alles und jedes auf!
Gut, auch ich bin mit einigem in diesem Staat nicht einverstanden - weshalb ich allerdings noch lange nicht fordere diesen Staat aufzulösen und aufzuteilen (wie ich irgendwo auf eurer HP lesen konnte/musste).

Ich bin auch nicht damit einverstanden das die Flüchtlinge untergebracht sind wie sie es sind!
Ja, dort herrschen dramatische Zustände!

Aber rechtfertigt das Diebstähle und Übergriffe auf andere Mitmenschen?
Müssen wir uns nun dafür entschuldigen - und am Ende noch berauben und niederschlagen lassen - das wir Arbeit haben, unsere Familien selbst unterhalten können und nicht in einem solchen Lager wohnen müssen?

Rechtfertigt das alles auch Gesetzesverstöße eurer Leute?
Was wurde geschrieben "da regst du dich auf das 2 Joghurt gestohlen wurden"!?
1. Waren es nicht nur 2 Joghurts
2. Waren es ca. 10 Leute von eurem Camp die munter und systematisch Waren heraustrugen
3. Wann ist etwas rechtswidrig - ab 1 gestohlenen Joghurt oder erst ab 10?
Der Tatbestand des Diebstahls ist doch nunmal derselbe!

Ihr fordert Rechte für die Flüchtlinge und zeigt ihnen gleichzeitig "hey nehmt euch was ihr braucht eben einfach"!

NOCHMAL ICH BIN KEIN BULLE!!!!
Ich bin ein ganz normaler Bürger, dessen Aufmerksamkeit ihr haben wolltet und einer derer den ihr von eurer Sache überzeugen wollt bzw. wolltet!

Das habt ihr keineswegs geschafft und das sollte euch zu denken geben!
Ihr wollt nicht nur die Unterstützung der Bevölkerung, ihr BRAUCHT sie!

Was aber macht ihr - oder einige von euch?
Ihr führt eine an sich gute Sache selbst ad absurdum und erreicht das Gegenteil von dem was ihr erreichen wollt!

Auch wenn es euch nicht gefällt, auch ihr die ihr nicht gewalttätig seit zeichnet verantwortlich für die in eurer Gruppe die ausschließlich auf Gewaltaktionen aus sind!

Ich nehme ungläubig zur Kenntnis das hier in Poll eine neonazistische Demo "geschützt" wurde.
Ja auch m.E. hätte man eine solche Demo verbieten müssen, statt sie unter Schutz zu stellen!
Das hat für mich nichts mehr mit freier Meinungsäußerung zu tun.

Das rechtfertigt jedoch Rechtsverstöße eurer Gruppe / Campies auch nicht!

Ich sehe nicht wo ihr den Dialog sucht!
Was wir hier in der letzten Woche zu sehen bekamen waren gewaltbereite Campies, Steine werfende Campies (ich habe sie gesehen und wie gesagt ich bin kein Bulle), aggresive Campies, persönlich provozierende Campies usw.
Friedliche Campies sah ich fast nur in euren Videos - bei persönlicher in Augenscheinnahme sah ich die eher selten!

Wie kommt das?
Ist eure "Berichterstattung" gleichermaßen einseitig und getürkt wie ihr es der Polizei vorwerft?

Ich sehe da eine gewaltige Schieflage - Unrecht kann nie mit Unrecht bekämpft werden!

Bedenkt, die Flüchtlinge für die ihr kämpfen wolltet bleiben hier - weiterhin der von euch angeprangerten Willkür der Stadt Köln ausgesetzt.
Unter den Anwohnern und auch uns andern Bewohnern von Poll habt ihr euch nicht besonders viele Freunde gemacht!

Ich befürchte das sich nun sogar die Umstände noch verschlimmern werden - aber ihr seit ja weit weg!
Ist es tatsächlich das was ihr erreichen wollt?

Ich glaube der Schuss geht nach hinten los!

Und ich weise nochmals auf etwas hin:
Habt ihr auch schonmal bedacht das wir normale Poller mit all den Auswirkungen schon seit Jahren leben müssen?
Mit Wohnungseinbrüchen, damit das Mitbürger auf offener Strasse am hellichten Tag überfallen wurden u. werden, das sich Dealer an unsere Kids ranmachen und ihnen Drogen verticken usw.?
Täter jedesmal nachweislich Bewohner der Flüchtlingslager!
Wäsche wird aus unsern Gärten gestohlen, in unsere Häuser eingebrochen, Schuhe vor unseren Haustüren gestohlen, Fahrräder geklaut, Autos aufgebrochen und/oder gestohlen usw.

Poll vor 14 J. - ein friedlicher kleiner Stadtteil mit EINEM Flüchtlingslager.
Poll HEUTE - ein garnicht mehr friedlicher Stadtteil mit mittlerweile 5 Flüchtlingslagern.
Die Kriminalität ist mehr und mehr angestiegen - und das liegt NICHT an den Flüchtlingslagern?????
Das glaubt ihr doch nicht wirklich?

Nein wahrscheinlich nicht, denn ihr sucht scheinbar ja noch nach der Rechtfertigung für solche Vorkommnisse - eben weil es den Flüchtlingen ja so schlacht geht!

Ist das wirklich ein Grund für euch sich dann eben vom Nachbarn zu nehmen was man will bzw. braucht?

Wenn eure Message lautet "Unrecht gegen Unrecht" - nein dann werdet ihr unter uns keine Freunde finden!

Danke

EIN POLLER (KEIN Bulle)

Was ist mit den Illegalisierten?

Paule 10.08.2003 - 14:33
Letzte Nacht ging das Gerücht, dass die Illegalisierten aus dem Camp alle nach Büren mitgenommen wurden. Ist das was dran?

@ poller

aaa 10.08.2003 - 15:03
Was soll die Aussage sein: "mein Gartenzwerg ist wichtiger als Asylbewerber", oder wie? Na klar, für die Sicherheit entfacht der Bürger einen Aufstand- die Menschen, die täglich an den Küsten Europas ertrinken-who cares... DAS ist dann keine Gewalt? Diese Menschen sind nicht Opfer von Schlepperbanden sondern der EU-Außenpolitik.
Menschen jahrelang in Lager stecken und ohne sicheren Aufenthaltsstatus lassen- DAS ist keine Gewalt? Flüchtlinge sind in Lagern interniert unter menschenunwürdigsten Bedingungen- das interessiert den deutschen Mob aber nicht wenn es um Grundwerte wie sein Eigentum geht. Eine einfache Lösung hätte ich da parat: voller Aufenthaltsstatus für Flüchtlinge, freie Wohnungs- und Arbeitsplatzwahl. Warum fordert Köln-Poll denn das nicht von der Regierung?! Auf rassistische Ressentiments setzen ist scheinbar attraktiver und versteht auch der letzte Dummbeutel.
Aber hey, wen interessiert das denn, wenn man über 10 Joguhrts streiten kann.

Nächstes Jahr Grenzcamp

draußen 10.08.2003 - 15:43
sollte das nächste grenzcamp nicht vielleicht wieder in köln stattfinden? mit ihrer eskalationstaktik sollten sie nicht durchkommen. aber bis dahin gibt es hoffentlich vielerorts noch viele protestformen, dass die bullen nicht nur in köln bereuen das camp gestürmt zu haben.

Noch mehr Infos

infomaniac 10.08.2003 - 17:54
Also es war tatsaechlich so, dass einm grosser Teil der Fluechtlinge mit ins die Gefangenensammelstelle nach Bruehl gefahren wurde. Zusammen mit den anderen AktivistInnen wurden jeweils Bezugspersonen fuer sie gefunden, die dann gemeinsam mit dem Fleuchtling eingefahren wurden. Heute morgen waren viele Fluehtlinge wieder beim Fruehstueck auf dem Camp zurueck. Ob es alle waren, muesste der EA wissen und sollte es hier mal kommunizieren. Es gab jedoch keine Meldungen, dass es Schwierigkeiten in Bruehl gab. Eher sah es so aus, das die dort die Festgenommenen schnell wieder loswerden wollten.

Der Polizeieinsatz war in der Tat sehr gross. Die Bullen hatten grosse Mengen von Geraet und Pseronal angekarrt, was sie vor erhebliche logistische und Koordinationsprobleme vor Ort stellte. In deutscher Gruendlichkeit lief die Operation wie nach einem Fahrplan ab ... alles etwas maschinenhaft. Darin jedoch relativ korrekt. "Camp zerstoert" oder so suggeriert hier etwas falsches. De facto gab es keine groesseren Zerstoerungen druch die Bullen. Hier und da ist ein Stuhl zu bruch gegangen und vielleicht was umgetreten worden aber nix tragisches. Die Infrastruktur des Camps war beinahe unangetastet m.A. der Telefon- und Internetleitung. Die faschistoide deutsche Gruendlichkeit und Korrektheit mit der diese Aktion jedoch ablief war mehr als wiederlich. Nur aufgrund der kreativen und freundlichen Atmosphaere die von den Menschen im Kessel ueber Stunden erkaempft wurde gelang es die (beschissene) Situation etwas menschlicher zu gestalten. Dabei hatten die AktivistInnen recht viel Spass und ich denke es war auch ganz wichtig, sich diese 8 - 10 Stunden hinziehende Prozedur ertraeglich zu gestalten.
Sehr schade war die Medienpraesenz bei der Aktion sowie die Praesenz von Perosnen des "oeffentlichen Lebens". Nur ganz wenige UnterstuetzerInnen hatten den Weg bis zum Camp gefunden und auch die Presseleute waren nur wenige und ueberhaupt kein Fernsehen. Zeitweise mutete das aufgrund der Kraefteverhaeltnisse und der Drohgebaerden der Bullen recht bedrohlich an.
Die Position, die von "Ein Buerger" vertreten wird verwundert mich kaum. Waehrend der ganzen Woche sind wir auf derartige Positionen gestossen und wenn man sich die katastrophale Presse in den buergerlichen Medien anschaut verwundert das auch kaum. Das Camp wurde offensichtlich als reiner Stoerfaktor wahrgenommen - was es ja auch teilweise sein will - und es wurden nur ganz wenige positive Dinge zur Kenntnis genommen. Druch diese ueberaus miese Vermittlung entstand nicht gerade bei wenigen KoelnerInnen offenbar der Eindruck, wir wollten die Verhaeltnisse mit den Fleuchtlingsschiffen in Poll und der Massierung der Unterkuenfte in diesem Stadtteil unterstuetzen. Unser eigentliches Ziel, naemlich das wir gegen eine solche Unterbringung generell sind kam nicht an.
Eigentlich gab s in Koeln viele nette kleinere und groessere Aktionen und von einer Massenmilitanz - wie sie uns nun aufdefiniert wird - kann keine Rede sein. Im Gegenteil das Camp hatte eine eher ausgewogene Mischung verschiedener Aktionsformen und die meisten waren recht niedrigschwellig. Einzig auf die immer und immer wieder erfolgenden Provokationen der Bullen hin kam es hier und da zu militanteren Auseinandersetzungen. Das ist aber im Wesentlichen am Camp selbst gewesen, wo die Bullen immer wieder versuchten das Gelaende grundlos zu betreten und die TeilnehmerInnen einer grundlosen Dauerueberwachung unterzogene. Kein wunder, wenn ueber 400 Bullen taeglich rund um die Uhr vom ersten bis zum letzten Tag extra wegen uns nach Koeln geschafft werden, dann fragen die sich ja auch, warum sie bei der Affenhitze in ihren Kampfmonturen da stehen sollen oder in ihren Scheisskarren Blut schwitzen muessen. Da provoziert sich dann auch schnell was herbei. Hinterher heisst das dann "schwerer Landfriedensbruch" oder "Weiderstand gegen die Staatsgewalt" - Ziel erreicht.
So war es auch gestern morgen wieder.
Zunaechst wird provoziert und grundlos und ohne Ziel rumgerangelt, dann wird gezielt eine Schlaegerei zwischen Zivis (die wie Demonstranten aussehen) und Bullen angestichelt um auf der anderen Seite jemsnchen festzunehmen... wer da nicht sieht, wie die Eskalation forciert und gesteuert wird, der/die will es nicht sehen. Auch die staendigen Behinderungen in der Bewegungsfeiheit der CampteilnehmerInnen war an sich schone eine sehr grosse Provokation.
Bis jetzt kann die Polizei keine beeindruckende Liste von Straftaten und "Gewalttaetern" vorweisen, die einen derart uebertriebenen Polizeieinsatz auch nur im Ansatz begruenden koennten. Wenn die von ihnen aufgfuehrten Delikte eine solche Massen/Identifikations - und Kontrollaktion rechtfertigen wuerden, koennten und muessten sie schliesslich bei jedem Fussballspiel das Stadion einknasten und es koennte wohl auch kein Oktoberfest in Muenchen mehr geben... die Logik hinkt von vorne bis hinten, was eigentlich nur eines deutlich macht: das ganze war politisch angeordnet. Der Kommentar der Einsatzleitung um 4 Uhr morgens gegen Ende der Aktion auf die Frage, ob sie denn nur hier noch im Anschluss laenger praesent sein wollten unterstuetzt diese These. Der Einsatzleiter meinte nur veraergert, er werde mit seinem Leuten "sofort" abziehen und zwar restlos, denn nach 21 Stunden im Einsatz koenne er seinen Leuten hier keine Minute mehr zumuten. Und in der Tat hatten die Bullen in der Hitze hohe Verluste. Auch ihre tausenden von Wasserflaschen, die hinterher ueberall auf der Wiese lagen, konnten nicht davor schuetzen, das zahlreiche Bullen aus "aus den Latschen" kippten und erstmal von ihren Kollegen weggetragen werden mussten - kein wunder bei 40 Grad in voller Kampfmontur mit Helm auf und Visier runter, das ist sicher kein Spass... :-).
Bleibt die Frage nach den politisch Verantwortlichen hinter der erlebten Praxis. Diese schwarz-gruene Stadtregierung hier scheint es sich doch zu lohnen mal naeher anzuschauen. Hier waeren die KoelnerInnen gefragt. Natuerlich geht es dabei auch darum, kritischen Leuten in der Koelner und NRW-Politik nochmal genau die Vorkommnisse waehrend des Camps zu schildern. Und dabei auch besonderen Wert auf den letzten - und wie ich finde fatalsten - Punkt zu lenken. Die Stadt Koeln und die Polizei hat mit der Einkesselung und Aufloesung des Grenzcamps exakt im Dienste der zur gleichen Zeit am geichn Ort marschierenden Nazi-Kameradschaften erfuellt, die ja ebenfalls forderten das das Camp wegmuesse. Damit hat sie sich nicht nur rein rassistisch-polizeistaatlich verhalten sondern in einer offensichtlien Weise Forderungen der Nazis indirekt erfuellt. Die Symbolik ist eindeutig und stellt eine in der Weise bisher einzigartige Provokation fuer uns dar. Es gab keinen Grund fuer die Aufloesung des Camps in der lezten Nacht und die pauschale Kriminalisierung kann nur als faschistoide Polizeipolitik gewertet werden. Wenn dies alles kein politisches und juristisches Nachspiel in Koeln hat muss mensch sich wohl auf schlimme Entwicklungen gefasst machen.


12:00 Uhr-Frist

draußen 10.08.2003 - 18:55
nur eine kurze Frage: das Camp ist ja zu 12 Uhr heute Mittag gekündigt worden, waren bis dahin alle vom Camp runter oder sind jetzt noch Leute auf dem Camp? Und gibt es Infos von der Abfahrt, ob die reibungslos verläuft oder einzelne wieder in Bullenkontrollen gekommen sind?

Camp-Abbau

Porza 10.08.2003 - 19:10
Ja,es sind noch einge Leute auf m Camp,und das grosse weisse Zelt steht auch noch,und das wird bis morgen auch so bleiben,weil es vorher nicht abgebaut werden kann.

was ist Stand der Dinge

Paule 10.08.2003 - 19:21
wo können wir denn eine Zusammenfassung nachlesen, zumindest über den Stand von Festnahmen, Verletzten etc. Hat der EA ne eigene Seite?

Hab gerad Bilder gefunden...

Tut nix zur Sache 10.08.2003 - 19:44
einige Bilder gibt's unter unter  http://www.version-foto.de/version-foto-cgi/topixx?op=thumbnails1&string=KOELN
(ich weiß nicht, ob das schon jemand gepostet hat und ob der link so funktioniert - probiert's aus)

Bullenunterhaltung

noch ein Kölner 10.08.2003 - 19:55
Ich fand es übrigens kraß, als ich da zwei Bullen bei ihrer Unterhaltung gehört habe, wo sie enttäuscht waren, daß es nicht ausreichend eskaliert sei; sie hatten sich richtige Straßenschlachten erhofft, hatten wohl erwartet, daß wir uns noch irgendwie bewaffnen, mit Steinen und Knüppeln.
"Was für eine Kinderkacke, ich hatte mich schon so auf eine richtige Schlacht gefreut," meinte der eine.

kleiner Erlebnisbericht

elfboi 10.08.2003 - 20:11
Ich war beim antirassistischen Grenzcamp in Köln, als es stundenlang von den Bullen in brütender Hitze abgeriegelt wurde, als die Bullen versuchten, es zu stürmen (wobei ich einige Prellungen und ein paar Kratzer und leichte Abschürfungen an den Unterarmen abbekam, zum Glück nicht mehr - einige Leute wurden übel geprügelt, und es gab einige Verätzungen durch Tränengas) - und ich war auch da, als es eingekesselt und gewaltsam aufgelöst wurde, allerdings entschied ich mich dann, lieber "freiwillig" zu gehen, als bis zuletzt Widerstand zu leisten, was mir angesichts der Hitze und meines Erschöpfungszustandes dann doch zu kraß erschien. Ein Freund von mir war noch dort eingekesselt, als ich rausgelassen wurde, er wurde dann auch später verhaftet und nach Brühl gekarrt, ist aber inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Das Camp war eine völlig friedliche Versammlung von linken Aktivisten, Ökos, Hippies, Punks und anderen Arten von Freaks, und es gab außer mir sogar einige andere Goths, die ihre natürliche Lichtscheu überwunden hatten. Es waren Familien mit Kindern dabei, und einige Flüchtlinge aus aller Herren Länder. Viele von diesen hielten sich illegal auf dem Gelände auf, daher der Versuch einer großen Gruppe von Campteilnehmern, diese mit dem Einsatz ihrer eigenen Körper vor der Verhaftung zu bewahren, was aber angesichts der gewaltigen Übermacht der Polizei sowie der Brutalität, mit der diese vorgingen, absolut hoffnungslos war.
In der Presse wird es jetzt so dargestellt, als seien wir ein Haufen von Kriminellen und Krawallmachern gewesen, wobei in Wirklichkeit jedoch die einzigen Vergehen darin bestanden, einigen illegalen Einwanderern unter unserem Schutze Bewegungsfreiheit zu gewähren, die das Gesetz für sie nicht vorsieht, und einige Gegenwehr zu leisten, als die Bullenschweine unser Camp stürmen wollten. Die große Masse der Campistas blieb jedoch selbst unter massiven Ansturm der Robocops mit Gummiknüppeln, Tränengas und Pfefferspray bei 40°C sehr gelassen, vereinzelt wurden jedoch von einigen nach massiver Provokation durch die Ordnungsmacht Gegenstände geworfen oder die Gesichter vermummt, was von diesen dann nachträglich als Rechtfertigung und schließlich einziger Grund für die gewaltsame Räumung genannt wurde.

yup

weist 11.08.2003 - 02:13
Teilweise gute Reaktionen auf die Kritik aus Poll (hey btw: so streng wie in der Szene werden 'der' und 'die' nicht überall gehandhabt... 'Wicca' in der Mailaddi klingt weniger nach nem Neuheiden, als nach ner Frau); sachlich und auf Überzeugung angelegt.

Meine Erfahrung war, wenn man es schafft, Leuten mal zuzuhören, die ziemlich eindeutige Faschos (Poller Bürgerfaschos, da muß ein echtes Nest sein... keine Stiefelskins) sind, seinen Zorn hintenanzustellen und ihre Vorurteile NICHT zu bestätigen, kann man einiges erreichen. Die meisten suchen Provokation, die sie leider zu oft finden, suchen eine billige Gelegenheit, uns sagen zu können, wie scheiße sie uns doch finden, und dabei irgendeinen komischen Moralkodex zu befolgen (ich bin nicht der erste, der zu pöbeln anfängt...das soll ruhig dieser Zerlumpte dort machen). Das Interessante an Poll ist ja, daß die Leute dort FÜNF verdammte Internierungslager vor der Haustür haben; das ebensogroße Luxusviertel Marienburg hat (soviel ich in Erfahrung bringen konnte) kein einziges! Statt also den Menschen zu erlauben, sich mach Belieben anzusiedeln, wo es gefällt (und das wäre bestimmt nicht Poll; was für ein unsympathischer Stadtteil!), packt man sie also massenhaft an exakt den Ort, wo jeder einigermaßen denkende und nicht völlig krankhafte Mensch sie ums Verrecken nicht hinpacken würde, und man packt sie dazu noch in verwahloste Pißbunker.
Und wenn dann 0,5% der Flüchtlinge Scheiße bauen würden, würde es bei der Dichte eben auffallen, in einem Stadtteil, wo ältere Hausfrauen echt noch mit Kissen auf der Fensterbank miteinander tratschen!
D.h., bis zu diesem Punkt gibt es, was die blanken Fakten angeht, nichts, worüber man mit diesen Leuten verschiedener Meinung sein müßte!
Dann ist der Punkt gekommen, darauf hinzuweisen, wer die Verantwortlichen für diese Situation sind, d.h., primär die Zuständigen bei der Stadtobrigkeit und die Migrationsprofiteure, und daß sie diese angreifen sollten.
Haben sie das verstanden, ist der Fuß in der Tür; man kann ein wenig über trivialen Kram labern, um bei passender Gelegenheit auf Migration als Phänomen (Fluchtursachen; Unfähigkeit, dem durch Repression entgegenzuwirken - 'Mauer um Deutschland bauen funktioniert ja wohl nicht, wie man gesehen hat!') einzugehen.

Man wird diese Leute nicht überzeugen können, aber sich die Campzeitung mitzunehmen und auch zu lesen, sollte allemal drin sein. Und wieder einer mehr, der beim nächsten Mal nicht pauschal abblockt... steter Tropfen...

Ich bin auch schwer dafür, das Camp wieder in Köln abzuhalten. Zum einen ist das Gelände ideal geeignet, zum Anderen ergibt sich dort ein interessantes Betätigungsfeld (eine gute Schulung in Überzeugungstechniken für lau!) und zum Dritten: no pasaran!
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege (ich hab viel über Kölner Lokalpolitik gelernt in den letzten Tagen, aber ich bin kein Experte), aber zunächst scheint es wichtig zu sein, die Verantwortlichen für den Polizeieinsatz auf Polizei- wie auf politischer Ebene zu skandalisieren, wobei auch konventionelle rechtliche Schritte nicht ausgeschlossen werden sollten (Körperverletzung, Sachbeschädigung, womöglich Verfassungsfeindlichkeit wegen etlichen mit Füßen getretenen Grundrechten - alles anzeigen und Cops gegen Cops ausspielen, was geht). Dazu muß aber erst mal ein korrekter Anwalt, der nichts im Kölner Filz zu verlieren hat, gefunden sein, das Geld bereitstellen (ich spende gern ein bißchen) und am allerwichtigsten: die Illegalität des Einsatzes vom Samstag muß rechtswirksam festgestellt worden sein. UND man darf nicht den Fehler von München wiederholen, sondern muß massenmedial alle Register ziehen und nachtreten: diejenigen, die all diese Straftaten verbockt haben, müssen öffentlich gebrandmarkt werden, auf daß das Vertrauen der Menschen in ein System, das so etwas macht, leidet (mit Urteilen der bürgerlichen Justiz kann man Bürger exzellent überzeugen. Und ich höre nicht auf, in jedem Bürger jemanden zu sehen, den man nur auf die richtige Weise überzeugen muß, damit er bei uns mitmacht).
Da Köln ja (völlig unfähig) schwarz-grün regiert wird, sollte das Vorgehen der Polizei unbedingt auf Ratsebene thematisiert werden. Es beitet sich hier eine Gelegenheit, die 'Grünen' vor die Wahl zu stellen, entweder Farbe zu bekennen oder sich als politisch attraktive Kraft in Köln von der Bildfläche zu verabschieden, wenn sie einen kriminellen und womöglich verfassungsfeindlichen Polizeieinsatz decken und eine Nazidemo indirekt schützen. Kommunalwahlen sind näxten Herbst, d.h. bis dahin bestimmt die rechtskonservative ('bürgerliche' im allerschlimmsten Sinn des Worts: so Verkappte) CDU und der ihr assoziierte Filz, wo gezeltet werden darf und wo nicht. Es sei denn, die Grünen entziehen ihnen das Vertrauen...
Desweiteren wird die Informationsstrategie zu erweitern sein. Ein Flugblatt an die Poller Haushalte wäre jetzt eine tolle Sache, quasi ein Resümee des Camps, in dem klargestellt wird, daß a) 'das Camp' als kriminelle Entität nicht existiert, sondern daß Militanz eben auch bei uns umstritten ist und daß b) viele der Behinderungen und Ärgernisse (Drehbrücke immer noch offen, Verkehrsbehinderungen, 'Rhodius'-Flaschen-Haufen etc) eine Folge der völlig ungeeigneten und unangemessenen Vorgehensweise der Polizei, die eben auch anders hätte handeln können, ist. Würde man das Camp dort wiederholen, würde ich mir wünschen, daß es mehr Diskussionen (sachliche!) mit den AnwohnerInnen gibt, und daß wir Vorurteilen entgegenwirken, indem wir mehr auf dem Camp mit diesen Menschen interagieren (sie sollen nicht in Scharen bei uns einfallen, ich dachte eher an die Möglichkeit, mal auf 'n Kaffee vorbeizukommen und zu erkennen, daß wir weder stinken noch alles vollmüllen noch beißen. Vorurteile bekämpft man am besten durch Konfrontation mit der Realität).

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 24 Kommentare an

Final Countdown — Fred Feuerstein

Ist ein Spammer — Mod

gelöscht — Fred Feuerstein

@aaa — EIN POLLER

schreibt keine e-mails — autonome gruppe

also weiter — aaa

@aaa — Anti-Poller

@aaa - geiler Nick :-) — EIN POLLER

@ POLLER — anarcho

Poller Wiccaner — Porzer

@anarcho — EIN POLLER

@poller — tripleA

Dummer Bürger — stopthis

@stopthis — EIN POLLER

Jepp ZENSUR — Poller

kritik? — wtal

Poll Proll — stopthis

@ POLLER — anarcho

apropos neuheiden — elfboi

übertrieben — wtal